Rechtstipp vom vom 08.02.2011, veröffentlicht im Anwalt-Suchservice, Kategorie Wirtschaftsrecht.
Derzeit bemüht sich die Multi Advisor Fund I GbR im Rahmen bundesweit geführter Prozesse – unter anderem auch im Rahmen von Urkundsverfahren – Beiträge aus zweifelhaften Verträgen zu realisieren. Wesentliche Teile der Einlagen werden eingesetzt, um Prozesse gegen säumige Kunden zu führen. Auch wenn Anleger schon im Rahmen eines Urkundsverfahrens verurteilt wurden, entsprechende Beiträge zu zahlen, muss dies nicht ohne Verteidigung hingenommen werden.
Derzeit bemüht sich die Multi Advisor Fund I GbR im Rahmen bundesweit geführter Prozesse - unter anderem auch im Rahmen von Urkundsverfahren - Beiträge aus zweifelhaften Verträgen zu realisieren. Wesentliche Teile der Einlagen werden eingesetzt um Prozesse gegen säumige Kunden zu führen.
1. Das Amtsgericht Dinslaken hat mit Urteil vom 03.08.2010 - 33 C 130/09 - ausgeurteilt, dass ein derartiger Beitritt dann wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten bzw. gekündigt werden kann, wenn der Vermittler trotz entgegenstehender Behauptungen in der Beitrittserklärung auf die Risiken einer derartigen Beteiligung mit keinem Wort hingewiesen hat bzw. über die nicht bestehenden Vorteile einer derartigen Anlage arglistig getäuscht hat. Ein Vermittler hatte einer in Geldanlagen wenig versierten 40 Jahre alten Kundin in deren Wohnung den Beitritt zu einer in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geführten Publikumsgesellschaft „verkauft“. Zur Finanzierung der Einmalzahlung wurden mit Formschreiben des Vermittlers eine Lebensversicherung und ein Vertrag über die Anlage vermögenswirksamer Leistungen gekündigt. Neben der Einmalzahlung sollte die Vierzigjährige 30 Jahre(!) monatliche Beiträge leisten um eine „sichere, renditestarke und steuerlich vorteilhafte“ Altersversorgung aufzubauen.
Bundesweit sind hier Vermittler tätig, die wenig versierten Kunden hohe Renditen und sichere Anlagen für ihre Altersversorgung durch Beitritt zu einer GbR versprechen. Bei einer derartigen Konstellation besteht die Gefahr, dass ein Anleger mit seinem gesamten Vermögen haftet, wenn Gesellschaftsgläubiger entsprechende Forderungen geltend machen! Das Amtsgericht Dinslaken hat auf der Basis der dazu ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung festgestellt, dass ein arglistig täuschender Vermittler im Verhältnis zu den Anlegern kein Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist, sondern Erfüllungsgehilfe des in Rechtsform einer GbR betriebenen Fonds ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.07.2009 - 14 U 51/08). Daher werden derartige Erklärungen Dritter der Fondgesellschaft zugerechnet und die Beitrittserklärungen können angefochten werden.
2. Im oben bezeichneten Verfahren vor dem Amtsgericht Dinslaken hatte die Gesellschaft erfolglos Monatsbeiträge über mehr als 3 Jahre nach einer wegen arglistiger Täuschung erklärten Anfechtung bzw. Rücktritt von der Beitrittserklärung geltend gemacht.
Nach Beweisaufnahme hat das Amtsgericht Dinslaken entschieden, dass die arglistige Täuschung des Vermittlers über die fehlenden Risiken, die nicht gegebenen Steuervorteile und die fehlende Eignung für eine sichere Altersversorgung der Gesellschaft zuzurechnen sind. Deshalb sei eine wirksame Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ausgesprochen worden. Dies führt dazu, dass für den Zeitpunkt nach der Anfechtung der Beitrittserklärung keine weiteren Beiträge geltend gemacht werden können.
3. Das Landgericht Duisburg hat im Berufungsverfahren - 11 S 123/10 - Urteil vom 26.01.2011 dargelegt, dass die Berufung der Fondgesellschaft gegen diese Entscheidung des Amtsgerichts Dinslaken unbegründet ist.
Die Anfechtung eines Beitritts zu einer Publikumsgesellschaft wegen arglistiger Täuschung beendet die Mitgliedschaft ex nunc, d.h. zu dem Zeitpunkt der Anfechtung. Dies hat zur Folge, dass bis zum Wirksamwerden der Kündigung bzw. der Anfechtung grundsätzlich weiterhin Einlagen geschuldet werden.
Die Rechte und Pflichten der Parteien richten sich nach wirksamer Anfechtung/Kündigung aber nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Der fehlerhaft vollzogene Beitritt ist damit regelmäßig nicht von Anfang an nichtig, sondern wegen des Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrundes nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar. Bis zur Geltendmachung des Fehlers ist der vollzogene Beitritt grundsätzlich voll wirksam (BGH in NJW 2003, 1252).
Die Voraussetzungen der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft liegen dann vor, wenn die Gesellschaft in Vollzug gesetzt worden ist. Für den Vollzug genügt es, wenn Zahlungen auf die Einlage erbracht werden (BGH NJW RR 2005, 627). Der BGH erkennt dem getäuschten Anleger statt des rückwirkenden Anfechtungsrechts nach den allgemeinen Regeln aber unter den Voraussetzungen der Arglistanfechtung ein außerordentliches, gesellschaftsrechtliches Kündigungsrecht zu (vgl. BGH in NJW 2007, 1127, 1128). Eine Anfechtungserklärung ist danach ohne weiteres in eine außerordentliche Kündigung umzudeuten (BGH in NJW 1975, 1700, 1701).Das Landgericht Duisburg hat deshalb eine wirksame Kündigung zum Zeitpunkt des Zuganges der Anfechtungserklärung angenommen.
Nach wirksamer Kündigung des Gesellschaftsbeitritts können Einlageforderungen der Gesellschaft, die bis zu diesem Zeitpunkt entstanden sind, gegen den Anleger nicht mehr geltend gemacht werden. Diese sind genauso wie evtl. Rückzahlungsansprüche in eine Auseinandersetzungsbilanz einzustellen.
4. Die Gesellschaft hat im Laufe des Verfahrens diverse Entscheidungen verschiedenster Gerichte im Bundesgebiet vorgelegt, mit denen Anleger auch schon im Rahmen eines Urkundsverfahrens verurteilt wurden, entsprechende Beiträge zu zahlen. Dies muss nicht hingenommen werden. Eine Verteidigung gegen derartige Klagen ist auch nach der nun vorliegenden rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Duisburg sehr wohl erfolgversprechend.