Arbeitnehmerweiterbildung, Sprachkurs

Urteilsbesprechung zum Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 29.09.2009 – 10 Ca 4462/09, veröffentlicht in Arbeitsrechtliche Entscheidungen 2010, S. 11.

Ein Sprachkurs für Russisch ist als Arbeitnehmerweiterbildung im Sinne des § 1 Abs. 3 AWbG anzuerkennen, wenn ein hinreichender Bezug zur beruflichen Tätigkeit vorliegt und eine Kontinuität in der Verwendung der vermittelten Sprache in der beruflichen Tätigkeit gegeben ist. Dagegen genügt es nicht, wenn die Kenntnis der vermittelten Sprache als sogenannte Schlüsselqualifikation angesehen wird.

Ein Russischsprachkurs ist als Arbeitnehmerweiterbildung anzuerkennen, wenn ein hinreichender Bezug zur beruflichen Tätigkeit vorliegt und eine Kontinuität in der Verwendung der Sprache in der beruflichen Tätigkeit gegeben ist.

A. Materielle Voraussetzungen

Nach § 1 Abs. 3 des nordrheinwestfälischen Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes soll die berufliche Arbeitnehmerweiterbildung die berufsbezogene Handlungskompetenz der Beschäftigten und deren berufliche Mobilität sichern. Hierbei sind auch Bildungsinhalte eingeschlossen, die sich nicht unmittelbar auf die ausgeübte berufliche Tätigkeit beziehen. Die vermittelten Sprachkenntnisse müssen für den ausgeübten Beruf einen objektiv nachvollziehbaren oder fördernden Bezug ausweisen (Urteil Bundesarbeitsgericht vom 21.10.1997 - 9 AZR 510/1996).

Es genügt aber nicht, dass Sprachkenntnisse als allgemeine Schlüsselqualifikation erworben werden. So wurde bei einer Flugbegleiterin ein Spanischkurs als Arbeitnehmerweiterbildung anerkannt, obwohl die in diesem Zusammenhang maßgeblich verwendete Sprache Englisch ist. Da hier kontinuierlich aber auch spanisch sprechende Passagiere zu betreuen sind, hat das Landesarbeitsgericht Hamm in der Entscheidung vom 18.07.2007 - 18 Sa 243/07 - einen Spanischsprachkurs als Bildungsmaßnahme im Sinne des nordrheinwestfälischen Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes anerkannt.

In diesem Sinne ist auch für Angestellte des Landes NRW ein Russischsprachkurs als Arbeitnehmerweiterbildung anzuerkennen, wenn ein hinreichender Bezug zur beruflichen Tätigkeit vorliegt und eine Kontinuität in der Verwendung der Sprache in der beruflichen Tätigkeit gegeben ist (Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2009, 10 Ca 4461/09 rechtskräftig).

Voraussetzung für die Anerkennung eines Sprachkurses als Bildungsmaßnahme im Sinne des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes ist daher ein objektiver, zumindest mittelbarer Vorteil des Arbeitgebers durch die erlangten Sprachkenntnisse und zum weiteren eine Kontinuität in der Verwendung der Sprache in der beruflichen Tätigkeit (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.10.1997 - 9 AZR 510/96).

In der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts genügte es, dass die dortige Klägerin ihre Sprachkenntnisse im Rahmen einer einmal jährlich stattfindenden Veranstaltung einsetzen konnte. Das Bundesarbeitsgericht hat es als ausreichend angesehen, dass 1,4 % der Bevölkerung der Stadt - bei der die dortige Klägerin beschäftigt war - spanischer Herkunft waren.

B. Formelle Voraussetzungen

Neben der inhaltlichen Anerkennung einer entsprechenden Veranstaltung als Arbeitnehmerweiterbildung im Sinne der oben bezeichneten Regelung durch anerkannte Einrichtungen ergeben sich folgende formelle Voraussetzungen:

Mindestens 6 Wochen vor dem beabsichtigten Termin hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen, wann und für welche Veranstaltung er Bildungsurlaub nehmen will. Der Arbeitgeber kann sodann den Bildungsurlaub nur dann ablehnen, wenn

  • zwingende betriebliche oder dienstliche Belange gegen den Bildungsurlaub gerade in diesem Zeitraum vorliegen;
  • Urlaubsanträge anderer Arbeitnehmer für denselben Zeitraum entgegenstehen.

Derartige Gründe muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mindestens 3 Wochen vor Beginn der Bildungsveranstaltung unter Angabe der Gründe schriftlich mitteilen. Teilt der Arbeitgeber die Verweigerung der Freistellung nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe der Gründe schriftlich mit, so gilt die Freistellung als erteilt.

Verweigert der Arbeitgeber die Freistellung aus anderen Gründen, als aus denen des Absatzes 2, so kann der Arbeitnehmer ihm binnen einer Woche seit Mitteilung der Verweigerung schriftlich mitteilen, er werde gleichwohl an der Bildungsveranstaltung teilnehmen. In diesem Fall darf er an der Bildungsveranstaltung auch ohne Freistellung teilnehmen. Es obliegt dann dem Arbeitgeber eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken, die feststellt, dass ein Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers nicht besteht. Hat der Arbeitgeber aber die Freistellung zu Unrecht verweigert, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts.

Ausdrücklich hat der nordrheinwestfälische Gesetzgeber in § 9 Abs. 2 des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes geregelt, dass von der Anerkennung als Weiterbildungsmaßnahme ausgeschlossen sind Veranstaltungen, die der Erholung, der Unterhaltung, der privaten Haushaltsführung, der Körper- und Gesundheitspflege, der sportlichen, künstlerischen oder kunsthandwerklichen Betätigung oder der Vermittlung entsprechender Kenntnisse oder Fähigkeiten dienen.

Angesichts des nicht einfachen Verfahrens ist darauf hinzuweisen, dass der Besuch einer Bildungsveranstaltung ohne vorherige Freistellung durch den Arbeitgeber zunächst dazu führt, dass kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz besteht, auch wenn die Veranstaltung objektiv der beruflichen oder politischen Weiterbildung gedient hat. Wenn ein Arbeitnehmer trotz der fehlenden Freistellung an der Veranstaltung teilnimmt, so handelt es sich dabei ggf. um eine pflichtwidrige Selbstbeurlaubung, die unter Umständen arbeitsrechtliche Maßnahmen, wie eine Abmahnung oder auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.

Auch hier kann dementsprechend nur die Empfehlung ausgesprochen werden, sich vor Beantragung eines Arbeitnehmerweiterbildungsurlaubs entsprechend beraten zu lassen.

Quelle: www.ag-arbeitsrecht.de/downloads/AE-1-2010-Inhalt.pdf

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