Falscher Beklagter: Rubrumsberichtigung oder Klageabweisung?

Kommentierung mit Anmerkung zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.07.2006 – 14 Sa 334/06, veröffentlicht in Arbeitsrechtliche Entscheidungen 2007, S. 203.

In einem Kündigungsschutzprozess war es bisher unter Umständen problematisch, die richtigen Beklagten aufzunehmen, wenn verschiedene rechtlich selbständige Arbeitgeber als gemeinsamer Arbeitgeber (z. B. in Form einer GbR) eines Arbeitnehmers auftraten. Nach dem o. g. Urteil kann es unter Umständen ausreichen, im Beklagtenrubrum einer Kündigungsschutzklage nur einen Beklagten aufzunehmen.

Rubrumsberichtigung oder Klageabweisung bei einer Kündigungsschutzklage, wenn nicht alle in Form einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) organisierten Arbeitgeber innerhalb der Klagefrist verklagt wurden.

Bisher war es unter Umständen problematisch in einem Kündigungsschutzprozess die richtigen Beklagten aufzunehmen, wenn verschiedene rechtlich selbständige Arbeitgeber als gemeinsamer Arbeitgeber eines Arbeitnehmers auftraten. Hier mussten alle Arbeitgeber als notwendige Streitgenossen innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG( Kündigungsschutzgesetz ) verklagt werden, um einer Klageabweisung wegen Versäumung der 3-Wochen-Frist als unzulässig zu begegnen. Nunmehr hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf für mehrere rechtlich selbständige Arbeitgeber, die in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert waren entschieden, dass es im Beklagtenrubrum einer Kündigungsschutzklage unter Umständen ausreicht, wenn nur ein Arbeitgeber als Beklagter aufgenommen ist, tatsächlich aber die aus dem Kündigungsschreiben ersichtliche GbR bestehend aus mehreren rechtlich selbständigen Arbeitgebern Rechtsträger ist.

In der Rechtsprechung des BGH ist seit dem Grundsatzurteil vom 29.01.2001 - II ZR 331/00 (NJW 2001, 156)die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt. Sie ist in diesem Rahmen sogleich im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig. In der zivilrechtlichen Rechtsprechung ist daher im Nachgang zu der vorbezeichneten Entscheidung anerkannt, dass bei äußerlich unrichtiger Bezeichnung einer Partei das Rechtssubjekt als Partei anzusehen ist, dass durch die fehlerhafte Bezeichnung nach deren objektiven Sinn betroffen sein soll. Diese Grundsätze gelten insbesondere auch dann, wenn sich z.B. die klagende Partei selbst fehlerhaft bezeichnet hat (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 14.09.2005 - VIII ZR 117/04 = NJW RR 2006, 42). Sollten sich daher aus den z.B. mit der Klageschrift vorgelegten Unterlagen Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass Rechtsinhaber nicht die im Rubrum einer Klageschrift ungenau oder unvollständig bezeichnete Partei ist, sondern eine aus mehreren Rechtspersönlichkeiten bestehende GbR, so hält es der BGH in ständiger Rechtsprechung für zutreffend, auf einen entsprechenden Rubrumsberichtigungsantrag gem. § 319 ZPO das Rubrum dahingehend zu korrigieren, dass die GbR als Partei anzusehen ist, weil diese als richtiges Rechtssubjekt betroffen sein soll.

Die Zivilgerichte haben daher sowohl auf Klägerseite (BGH, Urteil vom 14.09.2005 - VIII ZR 117/04 a.a.O.) als auch auf Beklagtenseite (z.B. Landgericht Duisburg, Urteil vom 22.07.2005 - 7 S 63/05 - Rechtsprechungsdatenbank NRW ww.justiz.nrw.de) auf entsprechende Rubrumsberichtigungsanträge die GbR selbst als materielle Rechtsinhaberin als Partei aufgenommen und damit als richtige Partei eines Rechtsstreits bezeichnet, nicht aber die Gesellschafter als Streitgenossen.

Soweit ersichtlich wurde dies bisher in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung nicht problematisiert. Vielmehr wurden Kündigungsschutzklagen, bei denen notwendige Streitgenossen (i.S. des § 246 I 1. ZPO) nicht innerhalb der Klagefrist des § 4 Abs. 1 KSchG verklagten wurden, als unzulässig abgewiesen, weil nicht alle Arbeitgeber innerhalb der Frist in Anspruch genommen wurden. Rubrumsberichtigungsanträge wurden nicht zugelassen, weil hier nicht eine Partei des Verfahrens falsch bezeichnet worden sei, sondern beabsichtigt sei, im Wege der Klageänderung eine andere Partei in den Rechtsstreit einzuführen, (so z.B. Arbeitsgericht Frankfurt a. M., nicht veröffentlichtes Urteil vom 25.01.2005 - 8 Ca 6019/04 und Arbeitsgericht Duisburg, nicht veröffentlichtes Urteil vom 29.09.2005 - 2 Ca 1923/05). Diese Rechtsprechung lässt sich vor diesem Hintergrund der Rechtsfähigkeit einer GbR nicht halten.

Nunmehr hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in der bisher nicht veröffentlichten rechtskräftigen Entscheidung, Urteil vom 17.07.2006 - 14 Sa 334/06 - (I. Instanz Arbeitsgericht Düsseldorf - 5 Ca 5956/05) anders entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall bestand ein Arbeitsverhältnis mit einem gemeinschaftlichen Arbeitgeber, der aus drei selbständigen Aktiengesellschaften bestand. Diese Arbeitgeber hatten sich zur Beschäftigung von Pförtnern in einer GbR zusammengeschlossen. Diese Arbeitgeber hatten das Arbeitsverhältnis unter dem Briefkopf einer der Gesellschaften gekündigt. Lediglich unter der Unterschrift des Prokuristen, der für alle drei Aktiengesellschaften tätig war, befand sich ein Hinweis auf die drei Gesellschaften. In der Kündigungsschutzklage war ursprünglich nur die im Briefkopf ausdrücklich bezeichnete Aktiengesellschaft verklagt worden. Nach Ablauf der Klagefrist des § 4 Abs. 1 KSchG wurde mit einem Rubrumsberichtigungsantrag der Versuch unternommen, diese unrichtige Bezeichnung des als GbR organisierten gemeinschaftlichen Arbeitgebers zu korrigieren. Der Arbeitgeber war unter Hinweis auf umfangreiche Rechtsprechung der Auffassung, dass es sich um eine Klageerweiterung handelt und die Klage als unzulässig abzuweisen sei. Sowohl das Arbeitsgericht Düsseldorf - 5 Ca 5956/05 - als auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 14 Sa 334/06 - haben zu Recht anders entschieden und dem entsprechenden Rubrumsberichtigungsantrag stattgegeben. Die GbR sei als materielle Rechtsinhaberin bzw. richtige Partei des Rechtsstreits aufzunehmen.

Unabhängig davon, dass man bei jeder Kündigungsschutzklage auf Seiten des Arbeitnehmers sorgfältig ermitteln sollte, wer Arbeitgeber ist - im Zweifel derjenige, der die Kündigung ausgesprochen hat - besteht bei einer vergleichbaren Konstellation dementsprechend selbst dann die Möglichkeit einer Klageabweisung als unzulässig vorzubeugen, wenn nicht alle Arbeitgeber einer GbR rechtzeitig innerhalb der 3-Wochen des § 4 Abs. 1 KSchG verklagt worden sind.

Zusammenfassung:

Eine Rubrumsberichtigung gem. § 319 ZPO kommt unter Umständen auch dann in Betracht, wenn bei einem als GbR organisierten Arbeitgeber in der Kündigungsschutzklage auf Beklagtenseite diese GbR nicht bzw. nicht hinreichend bezeichnet ist. Bei einem derartigen Rubrumsberichtigungsantrag kann ggf. einer Klageabweisung wegen einer Versäumung der Klagefrist des § 4 Abs. 1 KSchG begegnet werden, wenn die GbR materieller Rechtsinhaber, d.h. Arbeitgeber ist, und in der Klageschrift unrichtig z.B. durch Benennung nur eines Gesellschafters bezeichnet ist. Nach der zitierten Grundsatzentscheidung des BGH zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft ist diese Änderung der rechtlichen Situation nunmehr auch im arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren ggf. bei Rubrumsberichtigungsanträgen zu berücksichtigen.

Quelle: www.ag-arbeitsrecht.de/downloads/ae/AE200703.pdf

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